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Peter und Paul, Hochfest // Gott und ich

Hey, sagt Gott und tippt mir auf die Schulter.
Hey Gott, sag ich. Wie schön, dass du vorbeikommst.
Du sitzt da schon ziemlich lange vor einem weißen Bildschirm, sagt Gott und setzt sich auf den freien Stuhl.
Ich komm nicht vorwärts, sag ich.
Eben, sagt Gott. Magst du eine Limo?
Gott zieht zwei Flaschen aus dem Umhängebeutel und angelt dann nach dem Schlüsselbund auf dem Schreibtisch, an dem ein Öffner ist.
Ein Fahrradöffner, love it, sagt Gott.
Ich hab ja auch einen Fahrrad-Pizzaschneider, sag ich.
Ein gewisses Thema ist erkennbar, sagt Gott, legt den Schlüsselbund zurück und gibt mir eine der beiden Limoflaschen rüber. Auf das Leben.
Auf das Leben, sag ich. Aber andere Themen sind eher nicht mehr meine.
Was liegt an?, fragt Gott.
Ich muss was zu Peter und Paul schreiben, sag ich.
Oh, sagt Gott.
Ich fühl mich immer so fremd, wenn ich merke, dass ein Bibeltext mir überhaupt nichts schönes mehr sagt, sag ich. Wenn ich schon beim Anlesen denke, och nöööö, nicht schon wieder.
Hm, sagt Gott.
So wie da, als es um Josef und Maria ging, sag ich.
Eine Geschichte von Liebe, Mut und einem Engel, sagt Gott.
Ja, sag ich. Und einem Baby. Kannst du mir das Ding mit „Petrus, der Fels“ auch so übersetzen, bitte?
Ist doch ein netter Spitzname, sagt Gott.
Mag sein, sag ich. Aber die Stelle wird bis zu neun mal in einem Jahr bei uns vorgelesen! Und ich kanns nicht mehr hören, echt nicht.
So oft, sagt Gott.
Ja, sag ich. Einmal alle drei Jahre an einem Sonntag, und jedes Jahr einmal am Hochfest, einmal an einem Festtag, einmal an einem Wochentag, einmal in der Weihnachtszeit, und dann noch viermal an Tagen von heiligen Päpsten. Und von der Frau, die dich gesalbt hat, wird nur einmal im Jahr am Werktag gelesen, und alle drei Jahre an einem Sonntag, aber das ist dann die Fassung von Lukas, der sie als Sünderin labelt. Und einmal alle drei Jahre in der Passion nach Markus, aber da kann man eine Kurzfassung nehmen und in der kommen überhaupt keine Frauen vor. Das macht mich mittlerweile echt porös.
Ich merks, sagt Gott.
Und dabei hat nur Matthäus das mit dem Fels drin, aber alle Evangelien erzählen von der Salbung, sag ich. Ich find das nicht fair.
'Ja, das kommt rüber, sagt Gott.
Mit Petrus an sich käm ich glaub ich klar, sag ich. Aber was mit dieser Geschichte schon alles begründet wurde, echt mal.
I feel you, sagt Gott.
Und Paulus ist auch so ne Nummer, sag ich.
Wer schreibt, bleibt, sagt Gott.
Jaha, sag ich. So ist das wohl. Und bei uns nicht anders als anderswo.
Wir schweigen eine Weile.
Wie das wohl so war mit Petrus, sag ich. Ne coole Socke ist er ja nicht gerade.
Ziemlich genau das Gegenteil von ner coolen Socke, sagt Gott.
Also ein Hitzkopf, sag ich.
Gott lächelt.
Und total verknallt in dich, sag ich.
Gott wird ein bisschen rot.
Und er hat so geweint, als er gemerkt hat, dass er dich verraten hat, sag ich.
Gott nickt.
Die Evangelien, die nicht in der Bibel stehen, erzählen von ziemlich viel Stress zwischen Maria aus Magdala und Petrus, sag ich. Aber auf lange Sicht hat Petrus wohl gewonnen.
Gott nimmt einen langen Schluck Limo.
Ich frag mich, ob ihm das eigentlich gefallen hätte, dass wir ihn als Obermacker sehen und sie immer noch für eine Randfigur halten, die sich an dich geklammert hat, sag ich. Weil, eigentlich wusste er ja, wie wichtig sie dir war.
Vielleicht war er sich nur nicht immer so sicher, wie wichtig er dir war, setze ich nach einer Pause nach.
Das gibts öfter, als man denkt, sagt Gott.
Als Freundschaftsgeschichte könnte ich die Stelle wohl mögen, sag ich. Wenn es darum geht, wer du für ihn warst, und was du in ihm gesehen hast.
Das klingt schön, sagt Gott.
Aber was mich so nervt, das ist, dass die Jungs bei uns jetzt voll drauf einsteigen, dass sie wie er ganz dicht an dir dran sind, sag ich. Obwohl ein reiner Männerclub doch eigentlich gar nicht dein Stil gewesen wäre.
Ach mein Herzchen, sagt Gott.
Ach, Gott, sag ich und gebe Gott die leere Limoflasche zurück. Danke, dass du da warst.
Gott steht auf und streicht mir flüchtig über die Wange.
Bis bald mal wieder, ok?, sagt Gott. Hab es gut.
Ja, du auch, sag ich. Bis bald mal wieder, und Amen.